Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Dienstag, 19. November 2013

Schubumkehr in einigen Röhren

Pipelines durch die SlowakeiUkraine durchbricht russisches Erdgasmonopol

 ·  Die Ukraine hat sich immer daran gestört, dass Russland ihnen den Gashahn zudrehen kann. Nun soll das Land auch aus dem Westen beliefert werden - über Pipelines durch die Slowakei. Ein Abkommen mit der EU steht nach Informationen der F.A.Z. kurz vor dem Abschluss.
© DAPDVergrößernDurch Schubumkehr in einigen Röhren kann die Ukraine mit Gas aus Mitteleuropa beliefert werden, obwohl die Leitungen ursprünglich Gas in die andere Richtung liefern sollten.
Die Ukraine steht kurz davor, das beinahe vollständige russische Erdgasmonopol zu durchbrechen, das seit dem „Gaskrieg“ von 2009 ihre energiehungrige Volkswirtschaft in den Ruin zu treiben droht. Eine Sprecherin des EU-Energiekommissars Günther Oettinger bestätigte am Dienstag, ein Abkommen, das die Belieferung der Ukraine aus der EU über die sehr großen Transitpipelines der Slowakei ermöglichen soll, sei nunmehr fertig ausgehandelt. „Wir stehen unmittelbar vor der Unterschrift“, sagte sie der F.A.Z. Oettinger habe mehr als ein Jahr mit der slowakischen und der ukrainischen Seite verhandelt; nun seien alle Fragen geklärt.
Die Ukraine hat bisher bis auf geringfügige Lieferungen über kleinere Leitungen in Polen und Ungarn ihr gesamtes Importgas aus Russland beziehen müssen. Der vom russischen Monopolisten Gasprom geforderte Preis lag dabei zuletzt über 400 Dollar für tausend Kubikmeter – deutlich mehr als der europäische Durchschnitt. Der staatliche ukrainische Gaskonzern Naftogas macht deswegen seit Jahren Verluste, die aus dem Staatshaushalt ausgeglichen werden müssen. Russland hat Kiew allerdings Rabatte für den Fall angeboten, dass die Ukraine ihren Plan aufgebe, ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union abzuschließen. Sie soll sich stattdessen einer Zollunion früherer Sowjetrepubliken anschließen.

Schubumkehr in einigen Röhren

Präsident Wiktor Janukowitsch hat wegen dieses Preisdrucks seit Jahren versucht, der Ukraine neue Lieferwege zu eröffnen – unter anderem durch die umfangreichen Pipelines in die Slowakei. Diese sind eigentlich für den Transit russischen Gases nach Mitteleuropa gedacht, aber ihr Volumen ist groß genug, um durch Schubumkehr in einigen der Röhren die Ukraine von Westen her zu beliefern.
Diese Lösung ist bisher wegen Widerständen in der Slowakei nicht zustande gekommen. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar, doch ukrainische Energiepolitiker haben immer behauptet, Gasprom habe slowakische Entscheidungsträger dafür gewonnen, die Schubumkehr zu vereiteln. Oettinger arbeitet seit Monaten daran, diese Blockade aufzulösen und beruft sich dabei auf die Regeln der EU, welche die Mitgliedsländer verpflichten, ihre Gasleitungen für alle Marktteilnehmer zu öffnen. Diese Verhandlungen haben nun nach Auskunft seiner Sprecherin zum Erfolg geführt. Gleich nach der Unterzeichnung soll nun in der Slowakei mit den Umbauten begonnen werden, die für die Schubumkehr in den Transitleitungen nötig sind. Mit den ersten physischen Gaslieferungen von West nach Ost wird in der zweiten Jahreshälfte 2014 gerechnet.
Das Gas dürfte von RWE Supply & Trading kommen. Mit diesem Partner hat die Ukraine schon vor längerer Zeit einen Rahmenvertrag über bis zu 10 Milliarden Kubikmeter im Jahr abgeschlossen, der aber bisher wegen fehlender Leitungskapazität nicht erfüllt werden konnte. Zum Vergleich: Das gesamte Importvolumen der Ukraine für 2013 soll nach Angaben vom August bei 27,3 Milliarden Kubikmetern liegen. Über die Liefermengen wollte Oettingers Sprecherin keine Angaben machen. Der ukrainische Energieminister Eduard Stawitzkij sagte in der vergangenen Woche, sein Land könne über die bisherigen kleineren Leitungen durch Polen und die Ukraine jährlich 6 bis 7 Milliarden Kubikmeter Gas importieren. Zusammen mit den geplanten Einfuhren über die Slowakei könne man dann auf bis zu 18 Milliarden Kubikmeter kommen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen